"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Sonntag, 6. März 2016

12875 Meter hoch

Eight Miles High war wohl, nach ihrer Version von Mr. Tambourine Man, das erste Lied, das ich von den Byrds gehört habe.* Das Lied ist eine seltsame Mischung des Harmoniegesang-Folk-Rocks, mit dem die Byrds bekannt geworden sind, und faseriger, hektischer Gitarrenarbeit. Mir war das damals natürlich nicht klar, aber die Band hatte hier als weiteren Einfluss neben Bob Dylan den Jazz John Coltranes verarbeitet. Roger McGuinn wollte mit der Gitarre das nachempfinden, was das Saxophon bei Coltrane machte. Ein Vorhaben, mit dem man natürlich nur scheitern kann, das Lied ist allerdings eine wunderbare Kombination dieser beiden Strömungen (in den späteren Liveversionen wurde das Ganze aber auch zu einem Free-Jazz-Vorspiel von einer Viertelstunde und drei Minuten Lied ausgebaut). Für mich hat es immer ein Gefühl der Unruhe und unterschwelligen Bedrohung transportiert, das passt ja auch zu dem Text ... and when you touch down, it's stranger than known.. (den Text habe ich zum ersten Mal gerade eben gelesen; früher stand der Text irgendwo auf der Platte oder man musste ihn sich eben zusammenreimen). Das Lied beschreibt einen etwas unheimlichen Flug nach England (eigentlich ist die Flughöhe eher sechs Meilen, die Band fand dann aber acht Meilen besser). Würde eigentlich auch als Dienstreisen-Soundtrack funktionieren.

Richtig aufgefallen ist mir das Lied aber erst über die Coverversion, die die amerikanisch Hardcore-Punk-Band Hüsker Dü davon gemacht hat. Eigentlich relativ originalgetreu; im Konzert spielten sie das Lied gerne auch im Anschluss an das knapp 10-minütige Instrumental "Recurring dreams", dem man auch mehr als eine kleine Prise Coltrane anhört. Plötzlich ordnet sich die Band, es folgen ein paar Eingangsakkorde und Bob Mould steigt in Eight Miles High ein.


Während man bei den Byrds immer einen flirrenden Chorgesang mit dem Gefühl einer diffusen Bedrohung hörte, wurde das Ganze bei den Hüskers wie der Aufschrei eines gequälten Tieres, ohne dass man das Gefühl hat, dass das Lied hier trivialisiert oder missbraucht würde (die Single-Version zeigt, dass die Hüskers sehr werkgetreu blieben). Im Gegenteil, bei den Byrds wird beschrieben, wie man nach einem Flug in einem seltsamen und beunruhigenden Land ankommt, bei Hüsker Dü eher wie man sich im Leben in einer seltsamen und beunruhigenden Welt wiederfindet. Bei den Byrds gibt es die Möglichkeit des Rückflugs, bei Hüsker Dü nicht. Die Liveaufnahme von 1985 hat mich damals sehr beeindruckt, die Intensität und Dringlichkeit der Band jenseits eingeübter Posen. Ohne Hüsker Dü wäre Nirvana nicht möglich gewesen (und ich hätte lieber Hüsker Dü behalten).

*Am interessantesten finde ich ja die Byrds in der späten Country-Phase, aber das ist wieder eine eigene Geschichte.

1 Kommentar: