"In the absence of intimidation, creativity will flourish"
G.Ginn

Mittwoch, 24. Februar 2016

München in Rock

Jetzt müssen wir uns in wenig schöne Gebiete begeben. Ich muss da hin, weil das meine Jugend war. Alle anderen haben eine Entschuldigung.

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Ist noch jemand da? Auch egal. "München in Rock" war Anfang der Achtziger eine Sendung des Bayrischen Rundfunks, in der Auftritte von verschiedenen Münchner Bands beim Alabama-Festival 1981 aufgezeichnet wurden. Die Sendung war eine der wenigen, bei der man damals Punk-Bands im Fernsehen sehen konnte. Deswegen wurde sie auf Video aufgenommen und immer wieder angesehen. Die Videokassette habe ich schon lange nicht mehr, aber ich habe die Sendung nun nach einigen Jahrzehnten auf Youtube wiedergefunden. Also hinabgestiegen in die Keller der Erinnerung und das Ganze noch einmal angesehen. (Auf der Videokassette waren nur die "punkigen" Stücke, ein paar der Lieder müssen wir also vorspulen.)

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Es beginnt mit der Band Intimspray, die schon ein bisschen die Neue Deutsche Welle ahnen lassen. "In leeren Räumen möchte ich träumen" heißt das Lied. Der Text hat sich bei mir ins Hirn gebrannt, schlimm. Schlecht finde ich das Ganze aber nicht. Früher habe ich immer gedacht, dass der zweite Gitarrist einen Badeanzug anhätte, jetzt sehe ich, dass er wohl nur in Unterhemd und Unterhose rumstand.

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Jetzt kommt Tony Titt und die Torpedoes mit "Cool in the night". Zum Weiterspulen. Schnell.

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Nun eine bekannte Band, ZSD (ab 6:33). Die Abkürzung bedeutet Zentraler Sicherheitsdienst, so hießen die (berüchtigten) Schwarzen Sheriffs, die damals in München in der U-Bahn aufpassten. Das Lied hieß "Verpiss dich", war von der ersten ZSD-LP, die damals jeder hatte. Der Auftritt zeigt, dass es eine sehr kraftvolle Band war, heftig und voller Wut. Streetpunk Blaupause. Heute hätte ich vor solcher Musik wohl Angst.

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Die Marionetz! (7:53)  Die waren deutschlandweit bekannt, hatten eine Poppunk-LP mit extrem zweifelhaften, aber vergnüglichen Texten draußen. Hier spielen sie eines der wenigen Fußball-Lieder, das ich ertragen kann, "1860". Die anderen Hits, wie z.B. "Peter Pimmel" wollte höchstwahrscheinlich der Bayrische Rundfunk nicht. An der Abmoderation: "Wer steht auf Beckenbauer, Breitner und Millionäre? Wir stehen auf Könner!" merkt man, wie alt das alles schon ist. 

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Die nächste Band heißt Armes Deutschland (10:20) und sieht auch so aus. Die Ansage ist allerdings lustig: "Das nächste Stück heißt Endzeit." - "Trotzdem."  Als ich das Video auf Youtube vor einiger Zeit wieder gesehen habe, stellte ich mit Erschrecken fest, dass ich den schwachsinnigen Text all die Jahre irgendwie im Kopf hatte: "Mutanten in der Imbissstube, Alarm im AKW. Notstandsstufe drei, das Spiel ist bald vorbei". Arrggggghhh. Die Musik zu diesem Text ist kongenial. Und das Lied dauert auch noch so lang.

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Anschließend The Schrott mit "Zwangsjacke" (14:14). Der Sänger sagt das Lied an: "Das heißt nicht Headbanger, sondern Zwangsjacke." Der rätselhafte Satz erklärt sich dadurch, dass das Lied eine Version des Liedes "Headbanger" von den Cockney Rejects ist, nur mit deutschem Text. Beim Zusehen zuerst Überraschung, dass in der Band ein Ted mitspielt, aber damals waren die Szenen noch gut gemischt. The Schrott waren relativ bekannt, hatten auch eine Single draußen. Während des Liedes lustiges Treiben auf der Bühne (da waren auch ein paar der damaligen Bekannten darunter).

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Danach die FKK-Strandwixer (16:48). Ein merkwürdiges Lied, ich glaube, es hieß "Tote Omas fliegen tief". Man mag es kaum glauben, aber die Wixer hatten auch eine Single, auf der ein sehr schönes Lied war, das "Mit mir möchte ich nicht einmal selbst befreundet sein" hieß. "Tote Omas" ist dagegen leider eher unhörbar, entweder sehr schlecht oder sehr seiner Zeit voraus. Entscheidet selbst.

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Es kommen noch ein paar Lieder, die nicht zu ertragen und für mich auch nicht von dokumentarischem Wert sind (am schlimmsten die Pädagogenrockcombo Lila Sterila). Die Dagowops (31:30) fand ich allerdings immer noch ganz gut, das Publikum anscheinend damals nicht, so viele Bierbecher flogen. Ganz am Schluss noch die Marionettes, die sich in Publikumsbeschimpfung und eine Flasche Ketchup auf Ex trinken üben. Hmmm.

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Und jetzt ist es auch wieder schön, dass man von diesem Ausflug in die Vergangenheit wieder zurückkehren kann.   

6 Kommentare:

  1. wieso gibts hier auf das punkrock und griechen zeux nie kommentare?
    zsd warn so beliebt beim staat, daß gleich die ganze lp verboten wurde (schlag den tandler...)

    die fkk strandwixer landen noch regelmäßig aufm plattenteller (am arbeitsamt muffeln meine haxen im finanzamt riech i ausm mei..)

    endzeit - trotzdem ist doch immernoch aktuell

    grüße

    der pflanzer

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    1. Die Beiträge sind so geschaltet, dass nur du kommentieren darfst (könnte ja sonst jeder kommen...)

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  2. Wenn man einzelne Lieder bei Youtube hören will, ist einiges von den vorgeschlagenen Sachen einfach nicht da. Irgendwann ist unsere analoge Jugend, bis auf die Mega-Seller wie Chris be Burgh, komplett den Bach runtergegangen. Wer erinnert sich noch an das schöne "Der Führer schenkt den Klonen eine Stadt" von Extrabreit?

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    1. Ich weiß nicht... Früher kannte The Schrott, wer die Single hatte oder wer jemanden kannte, der die Single hatte. Also vielleicht 300 Leute. Jetzt kann es sich jeder mit Internetanschluss ansehen. Griechische Musik, für die ich vor Jahrzehnten noch in Griechenland vergeblich durch die Geschäfte gelaufen bin, finde ich jetzt ganz einfach...
      (Von Extrabreit lief bei uns immer nur "Polizisten"; bei mir steht aber tatsächlich noch die Autobiografie von Kai Hawaii rum...)

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  3. Die schöne Beschimpfung der mir bis eben unbekannten "Lila Sterila" hat mich dazu gebracht, mal nach denen zu googlen: Die gibt es tatsächlich wieder, falls Du Dich für irgendwas bestrafen willst: http://lilasterila.de/Website_2/Lila_Sterila.html

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    1. Gurgel. Das macht mir jetzt ein bisschen Angst (sowohl, dass es sie wieder gibt, als auch, dass du's gegoogelt hast).

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